Niederlande 2012

Einleitung · Juli: 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 · Fazit & Anmerkungen

Stand 30.07.2012 · Impressum: Diese Webseite wird betrieben von Jörg Hausmann, Friedensstraße 23, 01097 Dresden
Tel.: +49 173 2028402 · E-Mail: heizfrosch@web.de · Fotos & Texte © Jörg Hausmann & Frau R. 2012

Legende

Blauer Text: vom heizfrosch
Orangefarbener Text: von Frau R.

Einleitung

Dänemark ist erstmal abgegrast, Schweden zu teuer – Holland wurde es also dieses Jahr. Wir buchen uns bereits im Januar ein schnuckelig aussehendes Häuschen in Julianadorp aan Zee, Nord-Holland, 400 m Luftlinie vom Nordseestrand enfernt. Das vor etwa 100 Jahren gegründete Julianadorp liegt in der Nähe von Den Helder, Ijselmeer und Wattenschlamm; das sich westlich anschließende Julianadorp aan Zee besteht fast nur aus Ferienhäusern und ist zur Hauptsaison (leider) größtenteils in deutscher Hand. Holländer sind hier – zumindest den Nummernschildern nach – eine echte Minderheit. Aber wenn wir uns so benehmen wie immer, dann werden wir nicht gleich als Deutsche erkannt. Außer wenn man uns zuhört. Aber wir können immernoch bei Englisch bleiben. Oder Dänisch.

Zu Hause vergessene Dinge: meine Badelatschen und die Strandmatten. Im Nachhinein betrachtet war aber beides irrelevant. :)

Tagebuch

14.07.2012 Anreise

Holland ist ja nicht ganz so weit weg – da tut es auch nicht Not, dass der Wecker früh um 4 Uhr rumalarmiert. 5 Uhr reicht, das Frühstück verläuft gemütlich, aus der geplanten Abreisezeit 7 Uhr wird 7:30 Uhr, aber egal: Es ist Urlaub! Also ich saß um 7.15 Uhr ím Auto. Habe ich bis zur Abfahrt etwa geschlafen?

Ab geht es auf die Autobahn. Anfangs nieselt es, 50 km vor Magdeburg wird es zappenduster. Wir fahren in eine Wolkenbank hinein, die so dicht und tief ist, dass man von den Windrädern neben der Autobahn nur den Mast sieht – weiter oben klebt eine dicke, graue Masse, sodass man die eigentlichen Windschaufeln gar nicht erkennt. Und natürlich will dieses Wasser auch runter, was für die nächsten zwei Stunden das Autofahren nicht unbedingt zum Vergnügen macht.

Aber ich will nicht jammern: Es gibt keine Staus, keine Unfälle, selbst die Baustellen lassen uns flüssig durch. Ich fahre die Strecke entgegen der Planung komplett selber durch. Frau R. schläft wider Erwarten erst nach Leipzig ein, deshalb gönne ich ihr die Ruhe. :) Ich wollte einfach nicht wahr haben, wie einschläfernd Dan Brown ist und habe mich mittels ayurvedischer Konzentrationsübungen wach gehalten. Dass ich trotzdem gut 2/3 des Hörbuchs verschlafen habe, macht fast gar nichts. Denn eigentlich war alles wie immer: Robert Langdon entwirrt die Konfusen Geheimnisse zu neuem Geheimnis, der Fiesling kommt um und man fragt sich, warum man sich das Ganze überhaupt angetan hat. Bin mal gespannt, wie Tom Hanks das alles rechtfertigen will. Wir kommen trotz einiger Pausen bereits um 15:30 Uhr im Häuschen an. Nette Hütte! Und das Beste: War in Groningen noch mieses Wetter, so ist der Himmel hier blau, und die Sonne scheint.

Das Auto wird geleert, danach gibt es einen schnellen Kaffe bzw. Tee und ein paar schokoladige Snacks, um Frau R.'s Zuckerspiegel wieder nach oben zu treiben. Der reicht kurze Zeit später für einen kleinen Strandgang. 19:30 Uhr vertilgen wir die obligatorischen Anreisetagnudeln, und der Rest des Abends wird beschaulich. Die Couch hält, was sie zunächst per Foto nur versprochen hat: Sie ist die perfekte Urlaubs-Lesecouch. Folgende Bücher habe ich eingepackt:

Und falls das Wetter zu schlecht für Ausflüge wird, zur Sicherheit noch ein dickes, dickes Rätselbuch voller Kreuzworträtsel und Sudoku.

heizfroschs (geschaffte) Bücherliste: ½ von Willko Müller jr.'s Stronbart Har Teil 2, Tom Holts »Wer hat Angst vor Beowulf« und »Wenn die Zeit aber nun ein Loch hat …«, Terry Pratchetts »Snuff«, Paul Bokowskis »Hauptsache nichts mit Menschen« und ein bisschen was von Lars Hitzings »Drei Monde«. In Summe auch nicht so schlecht …



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15.07.2012 Faultag

In der Nacht hat es geregnet, aber das kümmert uns nicht weiter. Zum Frühstück scheint jedenfalls schon die Sonne. Es ist zwar windig, aber insgesamt angenehm. Ich versuche gegen Mittag, einen weiteren als den uns bereits bekannten zentralen Aus- bzw. Eingang zum Ferienhausgebiet zu finden – allerdings erfolglos. Man landet früher oder später in einer Sackgasse oder an einem Zaun. Das heißt also, dass man in Richtung Julianadorp statt der 5 Minuten Fußweg, die es von unserem Häuschen auf direktem Weg wären, dann doch 20–30 Minuten unterwegs ist. Dieser Umstand lässt uns nur eine Wahl: Nach dem Kaffeetrinken – die Zeit bis dahin verbringen wir mit Extremcouching und Lesen – räumen wir die Fahrräder aus dem Schuppen. Ein bisschen Tuning ist nötig, anschließend starten wir zu einer kleinen Rundtour. Immerhin sind wir ja in Holland, nicht wahr?

Die Fahrradwege sind eine Wohltat, die Fahrräder verlangen uns wegen einiger kleiner technischer Mängel aber ein Höchstmaß an Konzentration ab. Bei dem einen funktionieren die Bremsen nur sehr zaghaft, beim anderen führt ein lockerer Handgriff beinahe zu einer Katastrophe – es ist halt wirklich dumm, wenn man in einer eng gefahrenen Kurve plötzlich die Kontrolle über den Lenker verliert … Wir überleben es aber und haben vor, mit den Gefährten morgen eine Tour nach Den Helder zu unternehmen. An dieser Stelle sei angemerkt, dass ich Fahrrad fahren nicht mag. Ich versteige mich sogar zu der Behauptung, dass ich es hasse. Oder Fahrräder hassen mich? Irgendwie so. Enge Kurven fahren und dabei zu bemerken, dass die Bremsen nicht so funktionieren, wie man es von ihnen erwartet, ist ein Abenteuer, dass ich gern ausgelassen hätte. Da bin ich doch glatt vom Rad gefallen. Peinlich, peinlich! Und nachdem wir die Räder getauscht hatten, bin ich vor Schreck, dass mir der Griff vom rechten Lenker abflutschte, statt durch eine Poller versehene Durchfahrt, fast gegen eine Wand gefahren. Ich hätte das Rad am liebsten stehen lassen! Wenn ich in diesem Urlaub noch einmal einen Ausflug auf einem Fahrrad wage, dann nur auf'm »fietspad«!

Ansonsten: Das Häuschen ist wirklich nicht verkehrt. Die Ausstattung passt, es gibt ausreichend Geschirr und Töpfe, man kann eine große Terrassentür aufsperren, um die Seeluft hereinzulassen. Die Betten sind erstaunlich gut, weshalb wir letzte Nacht auch keine Probleme hatten, 10 oder 11 Stunden durchzuratzen. Die Bing taugt zum Brötchenaufbacken, was den fehlenden Backofen vergessen macht. Der Herd ist ein Gasherd – das letzte Mal mit Gas gekocht haben wir ~1997, und wir müssen uns erst wieder dran gewöhnen. Passt aber; der Verlust einiger Härchen auf der Hand ist zu verschmerzen. :)

Frau R.'s Lesecouch ist äußerst gemütlich. Und abends bleibt es bis nach 10 Uhr lesehell. Alles bestens!

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16.07.2012 Den Helder

Der Wetterbericht ist ein bisschen optimismusbremsend. Beim Aufwachen und Frühstücken scheint noch die Sonne, dann tauchen immer mehr hellgraue Wolken auf. Wir lassen deshalb den Plan, mit den Fietsen nach Den Helder zu strampeln, fallen und setzen uns gegen 12 Uhr ins Auto.

Den Helder ist nicht allzu weit weg – ca. 8 km trennen dieses Städtchen von Julianadorp. In Den Helder selber suchen wir uns einen kostenlosen Parkplatz in Zentrumsnähe und fallen wie gewohnt erstmal in die Touri-Info auf dem Bernhardplein ein. Ich radebreche auf Holländisch, was das Zeug hält, bekomme dafür von der freundlichen Bedienung ein paar anerkennende Worte sowie ein Lächeln, verstehe ihre Entgegnungen aber leider nicht so zügig, wie sie spricht – wir vereinbaren deshalb, dass ich weiter »holländisch« spreche, sie aber auf Deutsch antwortet. Das funktioniert super und sorgt für zuvorkommende Bedienung und eine nette Verabschiedung. Ein paar Meter weiter kreisen wir dann noch Strandmatten und dringend benötigte Topflappen ein; der Gasherd bringt das Kochgeschirr auf Temperaturen, die wir so nicht mehr gewohnt sind. Und auch im schnell gefundenen Haushaltkramladen hilft mein zusammengestolpertes »Kunt u alstublieft help mij? Ik zoek … ehm … eh … ofenhandschoen ...« weiter – ein freundlicher Verkäufer bringt mich direkt und ohne Nachfrage zum gewünschten Regal. Klasse Sache das, dank u wel! :) Hach, ist er nicht polyglott, der Herr H.?

Mit den Einkäufen in der Tasche schlunzen wir noch ein wenig durchs Städtchen in Richtung Willemsoord-Werft. Es ist aber wie offenbar immer montags in den Niederlanden (2002 hatten wir diese Erfahrung bereits in Rotterdam gemacht) – viele Läden haben zu, der Rest läuft auf halber Kraft. Der Werftrundgang ist kurz und kein allzu großes Abenteuer. Von der Werft kommt man direkt ins Marinemuseum, welches uns allerdings noch weniger interessiert. Spannender sind da schon die ersten Nieselregentropfen; vorsichtig starten wir den Rückweg zum Auto, und das keine Minute zu früh. Schon die Fahrt zum Häuschen verläuft im Dauerregen, und was den Rest des Tages wettermäßig betrifft: bähks! Es stürmt und regnet wie doof. Was uns viel Zeit für die Bücher verschafft und unsere Laune deshalb nicht im Mindesten ankratzt … :)

Denn die Couch ist sehr bequem, der Bücherrucksack steht direkt daneben und Regen und Kälte können mir nichts anhaben. Urlaub ist großartig!



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17.07.2012 Fort Kijkduin (bei Den Helder)

Die Wettervorhersage labert etwas von 60–85 % Regenwahrscheinlichkeit. Das reale Wetter ist nicht unbedingt das tollste, allerdings fällt in der Gegend auch kein einziger Tropfen Regen. Wir entscheiden uns deshalb nach dem Frühstück spontan für eine Außenaktivität in der Nähe und rollen deshalb nochmals nach Den Helder. Am Rande der Stadt steht direkt in der Huisduin das Fort Kijkduin, welches seine Entstehung Napoleon verdankt. Dieser erkannte vor ein paar Jahren die strategisch wichtige Lage und erließ deshalb den Baubefehl.

Mit dem Fort selber verhält es sich wie mit allen Freizeitangeboten für Urlauber: Es ist laut Werbung das tollste Fort der Niederlande und ein absolutes Abenteuer – Besuch wäre quasi Pflicht. Die Wirklichkeit ist wie immer ein klein wenig spannungsloser. Die Fort-Werbung verspricht, dass man auf Napoleons Pfaden wandeln kann, tatsächlich beschäftigt sich aber der weitaus größere Teil der Ausstellung mit der deutschen Besatzungszeit. Die im Prospekt angekündigten geheimnisvollen Gänge sind lediglich etwas schwach beleuchtet; das spannendste daran sind die Wendeltreppen, welche für Kinderfüße gebaut zu sein scheinen. Aber es war sehr dunkel! Und als ich am Ende des Tunnels etwas flüsterte, konnte es Herr H. am Anfang verstehen. Und wenn man »Huhuuuuu« rief, dann war das ganz unheimlich. Wirklich!

Aber nicht dass hier ein falscher Eindruck entsteht: Man kann im Fort durchaus zwei Stunden Zeit leidlich sinnvoll verbringen, was nicht zuletzt auch am im Keller untergebrachten Aquarium-Teil liegt. Dort planschen allerlei lokale und auswärtige Fische in diversen Behältern. Und man kann am Automaten Futter für Barsche, Haie und kleine Rochen ziehen. Und man hat vom Tag noch genug für andere Urlaubstätigkeiten, wie z.B. Lesen und Faulenzen. Oder eine kurze Runde am Strand direkt unterhalb des Forts, welcher zwar fast vollständig zuasphaltiert bzw. - betoniert ist, am schmalen Sandrand aber immerhin gleich vier(!) Tintenfischskelettknochen zum Suchen, Finden und Aufsammeln bereit liegen hat. Ich habe es ja schon vor 2 Jahren in Dänemark gesagt: An der Nordsee findet man nach dem Sturm die besten Dinge!

Von Südwesten nähert sich langsam ein Hoch und die Sonnenstundenvorhersage für die kommenden Tage nach dem Mittwoch/Donnerstag hebt die Laune – wir bleiben gespannt!

Insider: Der lokale Großbauunternehmer heißt A. Tuin. Groß A'Tuin quasi … :)



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18.07.12 Vlindorado in Waarland

Wow, der klimatisch erste richtig bescheidene Tag dieses Urlaubs! Es stürmt und regnet schon beim Aufstehen, und das wird auch absehbar nicht mehr besser. Gut, dass wir vorgesorgt und ein Ziel für diesen Fall haben: Wir flattern ins »Vlindorado« in Waarland. (Herr H. flattert … Mit glänzenden Flügelchen selbstverständlich ;-) ) Selbiges ist ein Schmetterlingshaus, welches, an eine Gärtnerei angeschlossen, einige Dutzend putzige Flattertiere beherbergt. Das Klima im Schmetterlingsasyl ist tropisch und ganz nach Frau R.'s Geschmack – Wärme und 100 % Luftfeuchtigkeit. Hurra! Das froit die Haut. Meine Kamera meldet erstmal verminderte Sicht durch beschlagene Linsen, aber nach 10 Minuten Akklimatisierung zeigt sich die Technik wieder kooperativ. Wir schlunzen getrennt voneinander los und dschungeln durchs Grün auf der Jagd nach buntem Flügelgetier. Eines davon wagt sich am Ende der zwei Stunden sogar auf Frau R.'s Hand. Insekten befanden mich schon immer für harmlos. Allerdings sollte sich meine Zuneigung zu Spinnen herumgesprochen haben. Aber das ficht ja den tropischen Schmetterling nicht an! Ich hatte ja auch mein entsprechendes T-Shirt an: Autschn! Urlaubn und Schmettegage ;-)



Damit wäre auch dieses abgehakt, und wir schwimmen zurück, flink vorbei am Supermarkt und dann ab nach Häuschen. Kaffee, Kuchen, Beine hoch und einfach das Mistwetter aussitzen füllen den Rest des Tages. Kurz vor 21 Uhr lässt sich dann tatsächlich die Sonne kurz blicken – es wird heller statt dunkler, und als Sahnehäubchen bekommen wir noch einen Regenbogen. Später regnet es sich aber wieder ein, und der …



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19.07.2012 Enkhuizen

… beginnt mit heftigem Sturm nebst Regen. Jedenfalls bis ca. 9 Uhr. Dann kommt nach und nach die Sonne heraus!

Hm, was machen wir denn da? Für einen längeren Ausflug sind wir ein bisschen spät dran, aber eine Tour nach Enkhuizen sollte kein Problem sein. Dieses liegt ungefähr 80 km entfernt an der Zuiderzee und soll ein nettes altes Städtchen sein.

Die Fahrt dahin bringt wechselnde Wettersituationen. Und in Enkhuizen selber setzen wir das Auto natürlich im Regen um. (Frau Professor Inge – unser Navi – scheint noch nie in Enkhuizen gewesen zu sein, denn die Fahrtroutenvorschläge durch die engen Gassen sind zum Teil aberwitzig. Das beste Erlebnis ist eine Weggabelung am Ende einer Brücke über eine Gracht, auf der nach der einen Seite Autoverkehr völlig verboten, auf der anderen Seite nur für Durchgangsverkehr zugelassen und deshalb zugeparkt ist und eine simple Umkehr wegen eines gegen uns arbeitendes Einbahnstraßenschild unmöglich wird. Da kommt schon mal ein kurzes, hysterisches Lachen auf. Ein Norweger meint dann aber, dass wir einfach wie die Holländer auf das »Durchfahrt verboten«-Schild pfeifen sollen – man käme und kommt auf jeden Fall wieder auf einer Straße heraus. Wir verlassen uns hernach lieber auf unsere Instinkte und die Info aus dem VVV, dass man hinter dem bequem erreichbaren Bahnhof kostenlos langzeitparken kann.)

Die Idealparklücke ist bald gefunden, die Wanderroute durch den Ort ist griffbereit, Frau R. macht den Stadtführer und ich folge einfach. Ja, ich gab nicht nur den »Reiseföhrrer«, sondern versorgte uns auch mit wichtigen Hintergrundinformationen, die ich aus dem teuer erkauften Prospekt ablas. Denn so gern ich auch einfach staunend durch die Gegend laufe – noch lieber weiß ich Bescheid! Wir durchwandeln volle Kanne Geschichte, bleiben hier und dort vor alten Gebäuden stehen, besichtigen eine Kirche, sehen unterwegs sogar zwei Katzen, haben gute Laune und stündlich besseres Wetter. Enkhuizen ist eine tolle Stadt: Mittelalterlich, verträumt, mit netten Menschen. Und die Toiletten- und Duschräume für die im Hafen ankernden Bootsreisenden sind ganz toll. Wie ich dahin gelangt bin? Mich trieb die Natur ;-) (Hier fehlt Frau R.'s Erzählung über nackte Männer in der Dusche! :)) Weil ich mich nicht erinnern will! Im gewaltig schief stehenden alten Gefängnis (dieses ist vielleicht 6 m breit, aber auf der rechten Seite einen ganzen Meter nach unten gesackt – wenn man sich in den oberen Etagen aufhält, meldet der Gleichgewichtssinn ganz seltsame Dinge!) halte ich einen Plausch mit dem Erklärmenschen über die Wörter »radebrechen« und »radbraken«, und den Abschluss der Tour bilden zwei leeeckere Kuchenstücke nebst Kaffee. Die Bedienung gibt bereitwillig Aussprachehinweise für unser »Ik zou graag een ...« und quittiert Frau R.'s »De rekening alstublieft!« mit erhobenen Daumen. Denn wir sind ja nicht die typischen deutschen Touristen, die dem Einheimischen Deutsch aufzwingen, sondern üben uns in der Landessprache. Englisch tut es zwar auch, aber das wäre ja zu einfach ;-)



Die Heimfahrt verläuft unspektakulär und bei Sonnenschein. Wir stellen nur bereits während der Fahrt fest, dass die Kuchenstücke ein Abendbrot weitgehend unnötig machen. (Ich hatte Erdbeerkuchen und Herr H. einen Zitronenkuchen. Eigentlich mehr Torte als Kuchen. Aber alles frisch hausgemacht. Ich mag die holländischen Cafés!) Den eigentlich noch angedachten Gang zum Strand verschieben wir aus Faulheit. Und das Wetter soll ab morgen eh viel besser und vor allem stabiler werden.

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20.07.2012 Leeuwarden

Hui, ja, doch! Das Sonnenlicht beim Augenaufmachen lässt hoffen. Wir haben sicherheitshalber heute den Wecker gestellt, um Reserven für einen längeren Ausflug zu haben. Wir entscheiden uns zwischen Leiden und Leeuwarden – und gewonnen hat die friesische Stadt im Nordwesten Hollands. Geburtsstadt Mata Haris (geborene Margaretha Geertruida Zelle) und deshalb verheißungsvoll geheimnisvoll.

Los geht es Schlag 10, und ziemlich genau eine Stunde später rollen wir in eine Stadt ein, welche im Thesaurus neben »Kreisverkehr« stehen könnte. Uns ist ja schon aufgefallen, dass Frau Prof. Inge einige Wissenslücken die Gegend betreffend hat; die Niederländer haben in Sachen Drehwurmkreuzungen die Dänen in den letzten Jahren wohl überflügelt. Prof. Inges verwirrteste und trotzdem beste Ansage des Tages (»Nach 10 m im Kreisverkehr nehmen Sie die 8. Ausfahrt!«) kommt allerdings ausgerechnet auf einer geraden Strecke …

Mit kostenlosen Parkplätzen hinter dem Bahnhof sieht es mau aus, aber wir finden ein zentrumnahes Parkhaus für max. 5 EUR Tagesgage, was für niederländische Großstädte schon ein Schnäppchenpreis ist. Von dort geht es zur Touri-Info, um einen Stadtplan abzugreifen. Die Niederländer nehmen übrigens für so ziemlich jede Stadtkarte Geld – die Dänen sind da meist freigiebiger.

Was uns allerdings eine Lehre sein wird: Hört auf den Wetterbericht und vertraut der Aussage, dass in Nordholland in Küstennähe das Wetter immer besser zu sein pflegt als im Landesinneren. Es ist nicht absolut unangenehm in Leeuwarden, aber doch deutlich bewölkt und ziemlich frisch.

Wir schlunzen ungefähr vier Stunden durch eine der quirligsten und belebtesten Orte der Niederlande, vorbei an alten Fassaden und Historie an fast jeder Ecke. Und natürlich an Grachten, neben denen Autos näher am Wasser parken, als wir in Dresden Abstand zum Bordstein halten würden. Dankenswerterweise hat uns Frau Prof. Inge heute nicht durch die engsten Gässchen gelotst – der gestrige Ausflug liegt mir noch ein bisschen in den Hirnknochen.

Für eine Aufstieg auf den Oldehove-Turm sind wir leider zu zeitig dran, der öffnet erst 13 Uhr. Dieser Turm sollte mal ein Kirchturm werden – das Projekt ist allerdings schon in der Bauphase gründlich und buchstäblich versackt, weshalb man den Turm gar nicht erst fertig gestellt und den Rest der Kirche nicht mehr angefangen hat. Nun steht der schiefe Turm von Leeuwarden eben als Aussichtsturm für Spätaufsteher in der Gegend herum. Der Platz davor wird von einem im Aufbau befindlichen Rummel okkupiert.

Wir folgen der Top-Monumenten-Route weiter, besuchen die Jakobinerkirche, stehen vor der verschlossenen Bonifaziuskirche, queren Grachten, bis der Arzt kommt. Soviele hat Leeuwarden davon eigentlich gar nicht, aber als Tourist läuft man auch schonmal ein paar Meter wieder zurück, wenn man eine – angebliche – Sehenswürdigkeit ausgelassen hat. Wir waren aber doch in einer Kirche: Als wir auf einem kleinen Platz in der Nähe des ehemaligen städtischen Waisenhauses Rast machten, war gerade der Mittagsgottesdienst der angrenzenden Jakobinerkirche zu Ende. Und da der Vikar ein Schild mit »Offene Kirche« heraus stellte, nahmen wir das Angebot an. Wir wurden auch sogleich von einer netten Dame mit Infomaterial versorgt. Da sie uns für Belgier (!) hielt, wollte sie uns zunächst ein Informationsblatt auf Niederländisch geben. Aber wir klärten den Irrtum schnell auf. Ätsch, wir sehen nicht Deutsch aus! Die Kirche selbst war – bis auf die moderne Kunst mit Socken – sehr nett. Mit teilweise freigelegten Fresken. Am beeindruckendsten war aber die hypermoderne fahrbare Kanzel aus Glas und glänzendem Stahl. Am Ende der Tour steht das Gebäude der Stadtwaage, welches von einem riesigen Wochenmarkt eingekesselt ist. Und irgendwie hatte ich am Ende des Tages das Gefühl, zwar viel gesehen, aber nichts erlebt zu haben. Wegen der vielen Baustellen hatte die Stadt einen etwas abweisenden Charme. Gut, dafür kann sie zwar nichts und in der Euro-Krise wollen Fördermittel ja auch schnell ausgegeben sein. Aber der Gegensatz zum freundlichen Enkhuizen war doch äußerst groß. Außerdem wurde die Mata-Hari-Ausstellung gerade in ein anderes Gebäude umgesiedelt. Dafür kann die Stadt zwar auch nichts. Aber das hätte man doch in der Nachsaison machen können. Und Miezen haben wir auch nicht gesehen. Plöt, plöt, plöt! Der immer frischer werdende Wind treibt uns zum Auto, und so rollen wir heimwärts. Unterwegs entdecke ich einen Wegweiser nach Sexbierum, lasse mich von diesem allerdings nicht von der Route abbringen. Hahaha, der Chelm! Ungefähr auf dem Ijselmeer-Damm ahnen wir, dass das Wetter in unserer Ferienhausgegend den ganzen Tag gigantisch gewesen sein muss. Aber es reicht zumindest von der Zeit her noch für den ersten Leseabend auf der Terrasse – urlaubn, urlaubn, urlaubn!



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21.07.2012 Callantsoog

Bergfest, Faultag, Urlaubn. Heute steht nichts auf dem Plan. Anfangs ist es bewölkt, aber ansonsten vielversprechend. Wir rollen gegen 13 Uhr in Richtung Callantsoog, einem nahegelegenen Ferienort südlich von Julianadorp, wo es einen schönen breiten Strand und ein Naturreservat in den Dünen gibt. Das Reservat lassen wir außen vor und latschen einfach nur gemütliche zwei Stunden am Strand hin und her. Das soll es für heute auch schon gewesen sein – im Häuschen warten leckere Backwaren und die Terrasse. Und die Sonne hat mir einen kleinen Streifen auf der Stirn angesengt. Irgendwas ist ja immer … Wenigstens habe ich Muscheln und Tintenfischknochen gesammelt.

Heute war übrigens An- und Abreisetag. Ich war also gespannt, welche Familien »unsere« kleine teutonische Siedlung auffüllen würden. Allerdings schien sich in der unmittelbaren Nachbarschaft keine große Veränderung abzuzeichnen. Bis auf ein Haus gegenüber. Dort war man heute Morgen abgereist. Gegen halb vier parkte ein Mini-Van aus »HX« auf dem Abstellplatz. Neben Vater und Mutter ergoss sich ein Schwall Blagen aus dem Fahrzeug: 2 Jungen im Alter von 6 – 10 Jahren und Amelie (ca. 2). Die Mutter machte sofort gebieterische Ansagen, wer was, wann, wohin zu bringen hatte. Der Vater nestelte gedankenverloren am Fahrradgepäckträger herum. Und Amelie, tja Amelie begannt sofort zu brüllen und zu greinen: Sie würde immer allein gelassen, sie wüsste nicht wo das Haus steht, sie wöllte auch etwas tragen, aber nicht den Ball, alle würden sie allein lassen, wo ist Mama, wo ist Papa, wo ist das Haus, alle würden sie allein lassen. »Eine Perfomance?« dachte ich bei mir? Zumal Mutter trocken äußerte: »Ja Amie, brüll ordentlich, damit die Leute wissen, dass du da bist ...« Und während ich draußen auf der Terrasse saß und dem Spektakel mit der Faszination des Grauens zusah, machte eine andere Familie aus Deutschland (dicke Mutter, verzweifelter Vater, adipöses Kind und 1 Hund) vor unserem Ferienhaus Halt, schaute ungeniert in unser Wohnzimmer und Mutter fühlte sich bemüßigt zu bemerken: »Guck ma, die haben die selben Doppelkekse von Alnatura, die wir auch immer kaufen!« Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich eigentlich nie den Eindruck, unsichtbar zu sein. Aber vielleicht habe ich im Urlaub auch besondere Fähigkeiten entwickelt ...



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22.07.2012 Haarlem

Gestern schwebte abends noch ein kleines Wolkenufo über das Feriendorf, aber die Wetteraussichten blieben auf hohem Niveau. Wir beschließen deshalb für den Sonntag eine Tour, die wir eigentlich schon abgewählt hatten – wir wollen nach Haarlem, das westlich von Amsterdam und damit schon in Südholland liegt. Schließlich sind es nach da auch nur ungefähr 70 km, und noch dazu hatte uns das Elbehochwasser 2002 die notwendige Zeit für einen Besuch dort genommen.

Gesagt, getan: Um 9 Uhr klingelt der Wecker, um 11 Uhr sitzen wir im Auto, und um 12 Uhr steht dieses im Parkhaus am Bahnhof von Haarlem. Schon auf dem Weg zur Touri-Info wird klar: Dieses Stadt ist nett! Wir greifen einen Wanderplan mit Sehenswürdigkeiten ab (diesmal sogar kostenlos und mit mündlichen Erklärungen in der Landessprache, weil ich, wie Mann mir versicherte, so gut Niederländisch spreche – haha, aber gefreut habe ich mich schon drüber) und schnudeln los. Und der nette Herr von der Touri-Info hat Herrn H. nicht nur wegen dessen Holländisch angeglüht ;-) Dankenswerterweise gibt's hier – im Gegensatz zum heute durchgehend blaubehimmelten Julianadorp – noch ein paar Wölkchen, welche das Klima und den Aufenthalt im Freien angenehm machen.

Haarlem – ja, doch, das macht Spaß. Wie üblich stehen überall alte Fassaden herum, liegen Grachten in der Landschaft, und selbst an einer Windmühle hat man nicht gespart. Gegen Leeuwarden wirkt die Stadt etwas entspannter und ruhiger. Und obwohl Sonntag und schönstes Wetter ist, wird man nicht von Touristen über den Haufen gerannt. Wahrscheinlich waren die heute alle in Amsterdam oder zum Käsemarkt in Alkmaar. Übrigens haben in den Niederlanden die Geschäfte auf, wann sie wollen. Vor allem, wenn auch der Touri zum Sommerschlussverkauf gelockt werden soll. Ich weiß immer nicht, warum in Deutschland immer so ein Aufriss um die Ladenöffnungszeiten gemacht wird. Außerdem jammert der Niederländer nicht über die Benzinpreise, obwohl der Liter E95 hier im Durchschnitt 1,70 € kostet! Eins sollte allerdings angemerkt werden: Wer in Haarlem Museen und Kirchen besichtigen will, sollte nicht an einem Sonntag anreisen, sondern möglichst zwischen Montag und Freitag aufschlagen. Am Wochenende ist hier – abgesehen von allen möglichen Läden und Kneipen – so ziemlich alles dicht.

Haarlem hat einen großen Marktplatz mit einer schönen (sonntags geschlossenen) Kirche und einem (auch sonntags geöffneten) Poffertjes-Stand in der Mitte. Die Kirche fällt also notgedrungen aus, und den Poffertjes-Dealer ignoriere ich tapfer. Dafür spendiert Frau R. aber später ein lekkker Ijsje; gerade »Zitrone« knallt gewaltig ins Hirn! :) Es gibt kaum etwas Schöneres, als den Tag mit einem Eis ausklingen zu lassen und dabei den wundervollen Charme einer mittelalterlichen Grachtenstadt mit bezaubernden Straßencafés auf sich wirken zu lassen. (Huch, der Urlaub beginnt jetzt schon, mit weich zu machen ...)

Hin und her, kreuz und quer, ziellos und planfremd stadtwandeln wir ungefähr 3,5 Stunden durch die Gegend und haben Spaß. Verwirrung stiften die Türme zweier Kirchen, welche zwar ungefähr 300 m auseinander stehen, von der Form aber identisch sind. Jedes Mal, wenn wir glauben, den richtigen Weg zum vermeintlichen Ziel gefunden zu haben, taucht dieses im Rücken auf. Hä? Irgendwann bemerken wir, dass man die beiden auch an der Farbe unterscheiden kann. Da beide Kirchen sonntags aber (tattaa!) geschlossen sind, belassen wir es bei einem Exemplar. Dafür finden wir noch ein wallonisches Christenbauwerk, neben dem in ca. 4 m Abstand der lokale Puff steht. Außerdem sichten wir die eine oder andere Katze – hurra! :)

Der Nachhauseweg verläuft auch entspannt, und wir sind pünktlich zum Kaffee wieder in Julianadorp. Und Amelie kann ich mittlerweile schon aus mehreren Metern Entfernung am Greinen erkennen!



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23.07.2012 Texel

Der Wecker klingelt um 6 Uhr. Brrr! Ne, eigentlich halb so schlimm, denn dieses Schicksal haben wir uns selber ausgesucht. (Ist trotzdem nicht so toll! Wäre fast ins Büro gefahren ;-) ) Heute soll es nach Texel gehen. Dazu muss man auf eine Fähre, und die sticht um 8.30 Uhr mit uns in See. 20 Minuten später rollen wir schon wieder runter und rauf auf eine sehr nette Insel. Groß ist sie nicht – eigentlich könnte man von Julianadorp sogar mit dem Fahrrad nach Den Helder spurten und dann von der Fähre quer durchs Land bis nach De Koog. Aber wir sind faul und haben außerdem den unbedingten Plan, noch vor den zu erwartenden Touri-Horden ein bisschen was zu sehen, und zwar in Ruhe. (Davon abgesehen wären wir als Fahrradamateure wahrscheinlich kollabiert – der Tag war der bislang wärmste in diesem Urlaub, weit und breit kein Wölkchen, und das hätte uns sicherlich den Spaß genommen.) So wäre es gewesen!

In De Koog angekommen verbringen wir 4 Stunden im Ecomare, einem Meeresmuseum mit angeschlossener Seehundaufpäppelstation, Vogelrettungsabteilung und Schweinswalen. Schweinswalchen. Niedlich, die Kleinen! :) Und wenn man mal die kreischenden Blagen ignoriert, die wie entfesselt bei den Fütterungen auf das Gelände losgelassen wurden, dann ist das Ecomare ein Ort, in dem man sehr entspannte Stunden genießen kann. Zumindest für mich war es irgendwie besonders zu wissen, dass es einen Ort gibt, an dem z. B. blinde Kegelrobben ein Zuhause haben. Einfach am Bassin stehen und sie schwimmen oder dösen sehen. Das reicht. Und plötzlich schnaubt es direkt neben einem und ein Seehund taucht auf. Man hätte sich auch streicheln können. Aber schließlich handelt es sich um Raubtiere, die ordentlich beißen können. Außerdem würde ich es als Seehund nicht gut finden, wenn mir jeder dahergelaufene Besucher auf den Rücken patscht. Ach ja, und die Möwen hatten auch ihren Spaß bei der Fütterung. Konnten manchmal ihre schwere Beute kaum tragen und hätten fast auch beim Abflug Schaulustige übel gestreift. Die Seehunde und ich hätten das gern gesehen!



Zum Museum gehört auch ein großes Außengelände, aber ein Blick hinter die mühsam erklommene Düne zeigt weniger Strandnähe als erhofft. Wir wechseln deshalb gegen 13:30 Uhr den Standort und fahren in Richtung Den Hoorn, um dort ein bisschen durch die Dünen und am Strand lang zu latschen. Dieser ist gigantisch, vor allem gigantisch breit. Hätten wir nicht unsere Bikinis vergessen, dann wären wir vielleicht sogar ins Wasser gegangen … Herr H. im Bikini … Das wollen wir doch alle sehen, oder? Übrigens war der Strand so, wie ich einen sommerlichen Badestrand in meinen Kindheitserinnerungen abgespeichert habe. Der Sand roch auch irgendwie so – nach Sommerurlaub eben. So versuchen wir es auf der anderen Seite der Düne. Blöderweise ist die Route, die wir uns ausgesucht hatten, gerade saisonbedingt gesperrt, denn dort ist jetzt Brutgebiet für geschützte Arten. Wir laufen deshalb auf der Alternative herum, werden von der Sonne und einem irgendwann einsetzenden Hüngerchen dann aber doch gegen 15:30 Uhr zurück zum Auto getrieben. Wir erreichen nach einem kleinen Abstecher nach Den Hoorn zur (natürlich geschlossenen) Kirche und einer Begegnung der Dritten Art mit einem eventuell besoffenen oder einfach nur rüpelösen Linienbusfahrer um 16:05 Uhr sicher den Fährhafen, um dort festzustellen, dass nach 16 Uhr die Fähren nur noch stündlich - statt wie montags in der Hauptreisezeit halbstündlich – verkehren. Macht aber nix – ich putze unsere Kameras, und Frau R. döst.



Die Rückfahrt verläuft so unspektakulär wie die Hinfahrt, gegen 17:45 Uhr sind wir im Häuschen und beschließen, morgen einen Faultag einzulegen. Duschen hat jetzt absolute Priorität, gefolgt von einem zeitigen Abendessen. Sonne hatten wir beide für heute genug …

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24.07.2012 Faultag

Heute machmer nüscht. Die Sonne brennt, es ist weitestgehend windstill, und jegliche körperliche Anstrengung wäre – gerade nach den letzten beiden Tagen – übertrieben.

Ich fahre nur flink eine Runde durch die Gegend, aber mein erhofftes Motiv bleibt wegen der klimatischen Bedingungen aus, und das Licht ist eh grausam. Ich sitze derweil unterm Sonnenschirm und lese bzw. mache Kreuzworträtsel. Urlaubn, urlaubn, urlaubn!

Ein kurzer Einkauf wird noch erledigt, und dann geht's ab zum Pannekoeken-Tag in die »Keizerskroon«. Dort angekommen amüsieren wir uns darüber, dass wir a) offenbar den letzten nicht reservierten Tisch im Freien bekommen haben und b) 5 Minuten nach unserer Ankunft so eine Art tischeweise Reise nach Jerusalem losgeht. Steht irgendwo eine Menschengruppe auf, so rennt eine andere Menschengruppe, welche nur vorübergehend an einem der reservierten Tische Platz genommen hat, los, um den nunmehr vermeintlich freien Tisch zu kapern. Der dadurch entstehende Freiraum am vorherigen Tisch wird sofort durch nachdrängende Hungrige belegt. Da aber eben alle frei werdenden Tische nur vermeintlich frei sind, gibt es anschließend stets großes Gegacker, wenn das Personal die Tischkaperer wieder hoch jagt. Leute beobachten und Lästern gehört einfach zum Urlaubsprogramm dazu!

Wie auch immer: Nach einer gemütlichen Wartephase bekommen wir lecker Essen mit Sättigungsfaktor 10 und sind deshalb froh, noch einen kleinen Spaziergang nach Hause absolvieren zu können.



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25.07.2012 Hoorn

Draußen soll es angeblich drei Grad kühler sein als gestern, aber subjektiv gibt es bis auf den Hauch einer Andeutung von Wölkchen keinen Unterschied. Die Sonne brutzelt, und trotzdem brechen wir nach einem späten Frühstück zu einer Tour nach Hoorn auf. Das liegt ungefähr 60 km entfernt und ist (man staune) eine alte niederländische Stadt mit viel Historie. Es folgt das übliche VVV-Stadtkarteausfassen-Ritual und der Rundgang durch eine Städtchen, welches es mit Haarlem durchaus aufnehmen kann. Und es sind sogar einige Kirchen geöffnet! :) Viel Fußgängerzone, viel alter Markt, viele schiefe Fassaden, viele enge und engste Gässchen – hach, herrlich. Aber wie mein Schwiegerpapa immer sagt: lieber belagern als drin wohnen. Seit wann sagt mein Vater das? Das hat Stretch in England geäußert und ich hab es für den täglichen Gebrauch adaptiert! Aber egal. Hoorn hat mir noch besser gefallen als Harleem. Würde ich nicht so aussehen, wie ich aussehe, dann hätte ich vielleicht albern gewirkt, wie ich so grinsend und begeistert seufzend durch die mittelalterlichen Straßen trudele. Meine Begeisterung hat vielleicht auch damit zu tun, dass ich in einer kleinen Seitengasse (abseits von der vorgeschlagenen Wandelroute) einen Schmuckladen und in der Auslage wunderschöne Ohrringe entdeckte. Nicht nur das. Ich kaufte sie und einen tollen Ring noch dazu.

Den Abschluss bildet ein lecker Eis, und da ich langsam zerfließe, plätschern wir zurück zum Auto, ins Häuschen und ich direkt unter die Dusche. Abends schaut ein Muckerhase vorbei.



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26.07.2012 Faultag

Wir machen heute mal wieder nichts. Jedenfalls nichts Anstrengendes. Wir bleiben lange in den Federn, und nach dem Frühstück geht es direkt unter den Sonnenschirm auf der Terrasse. Drei große Wolken verziehen sich noch vor dem Öffnen des Schattenspenders. Danach brütet es wieder anständig bei vollständig blauem Himmel.

Am Abend absolvieren wir einen Strandspaziergang – einen Kilometer nach Süden und wieder zurück. Absolut unspannend, aber seeehr erholsam.



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27.07.2012 Faultag

Der Wetterbericht sagt für die erste Tageshälfte zunehmende Bewölkung und für den Nachmittag und Abend Regen vorher. Es ist stickig-schwül. Wir rollen nur nochmal flink nach Den Helder, aus Langeweile, zum Zwecke der Andenkenbeschaffung und zum Tanken. Eigentlich wollte ich Herrn H. ja etwas Putziges als Zubehör für sein Fahrrad kaufen. Uns war das Angebot aber zu blumig. Daher habe ich mir (wiederum in einer Seitenstraße und völlig ungeplant) eine Skulptur »4 tanzende Kühe« gekauft. (»We are hools, we are bright, we are British dynamite!« Hihi ;-) ) Wieder zurück, bestehe ich auf meinem »Schafe auf Deich«-Foto und fahre gegen 14 Uhr allein noch einmal los. Keine Minute zu früh übrigens, denn der Wetterbericht hat recht. Ich finde meine Schafe, aber dann wird es zunehmend diesig; und kaum wieder im Häuschen angekommen, fängt es an zu nieseln. Also werden zum letzten Mal der Sonnenschirm eingeholt und die Terrassenstühle in den Schuppen gepackt. Schnief! Ein bisschen trösten die fettigen Bäckereiprodukte, die wir fürs Kaffeetrinken noch eingesackt hatten – die Dänen hätten das nicht süßer und gehaltvoller hinbekommen … :)

Es warten noch ein paar Lebensmittel auf ihre Vernichtung, und die Koffer wollen gepackt werden. Letzte Urlaubstage sind immer doof! Das sind sie! Übrigens habe ich die letzten beiden Bücher nicht geschafft. Das lag aber nur daran, dass ich ab und an Kreuzworträtsel gelöst habe. Wegen der grauen Zellen und der Synapsen, die sich neu bilden sollen.

Übrigens: Kommando zurück – am Abend verziehen sich die Wolken wieder, und die Sonne kommt nochmal heraus. Das ist nett und zugleich gemein.



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28.07.2012 Abreise

Der Wecker klingelt um 5 Uhr. Gegen 5:30 Uhr sitzen wir beim Frühstück, und nach dem Hausausräumen und Autoeinladen geht es um 7:20 Uhr in die Spur. Wir trennen uns nur widerwillig vom Ferienhausschlüssel. Das Wetter ist bis Groningen gut, bis Hannover dann besch..., die Baustellen nerven, ein paar kleine Staus nehmen wir auch noch mit. Ab Magdeburg scheint die Sonne, und ca. 15:55 Uhr steht das Auto in einer Parklücke vorm Haus.

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Fazit und allgemeine Anmerkungen

Es war wieder ein Urlaub ohne größere Beschwerden. Das Wetter war über den Erwartungen und speziell in der zweiten Woche fast schon ein bisschen zu gut. Die Holländer sind gute Gastgeber. Wenn man sich vor der Anreise mit ein bisschen Grundwortschatz befasst, hat man keine Probleme bei der Kontaktaufnahme; abgesehen von den Beschäftigten in der Tourismusbranche mögen sie es nicht allzu sehr, direkt auf Deutsch angeredet zu werden, als wäre die Kenntnis dieser Sprache eine Selbstverständlichkeit. Gerade die Jüngeren lernen heute eher Englisch als Deutsch.

Benzin ist ungefähr 10 Cent teurer als in Deutschland. An vielen kleinen Tankstellen hat man die Wahl zwischen Euro95 und Diesel, was die Entscheidung sehr vereinfacht. Lebensmittel sind auch nicht allzu viel teurer als zuhause.

Wohnen in Holland ist allerdings beengt und echt teuer. Wir haben ein paar Maklerbüroauslagen angeschaut und ob der Preise für Wohnraum abwechselnd gelacht und geweint. 600 m² Grundstück mit 120 m² Wohnfläche am Rand einer größeren Stadt für 2.000.000 EUR – ne, lieber nicht. Selbst unser 75-m²-Ferienhaus-Typ mit … ähm … doch recht einfacher Ausstattung und vielleicht 150 m² Grundstück soll laut den Verkaufsangeboten am Siedlungseingang zwischen 155–165 TEUR kosten. Ui.

Es wird in Julianadorp aan Zee ständig und professionell irgendwo Gras gemäht. Ein Firma fährt täglich mehrere Stunden durchs Gelände und gibt keinem einzigen Grashalm die Chance, höher als 4 cm zu werden. Und wenn man denkt, man hat es überstanden, dann kommt kurze Zeit später jemand vorbei und trimmt die Rasenkanten. Wir sind noch keine zwei Wochen da, trotzdem sind schon dreimal die rasenden Landschaftsgärtner durchs Grundstück gerödelt. Meine Güte: 2009 in Dänemark hatte der Vermieter ja Panik, ob wir mit dem 5-cm-Rasen leben können – aber die Holländer lassen es gar nicht erst so weit kommen. Und an guten Tagen stutzt schwereres Gerät die Büsche am Wegrand exakt senkrecht, damit auch ja kein Ästchen einen Radfahrer vom Sattel fegt … Naja, wir grüßen weiterhin höflich und werden jovial zurückgegrüßt, wobei wir uns manchmal wünschen, dass die Fahrer lieber beide Hände an den Lenk- und Steuerhebeln der Minimähdrescher lassen.

Deutsches Musterverhalten: An den Strand gehen, dort den Hund an die 3-m-Automatikleine nehmen und anschließend Bällchen werfen. Und das zwischen 30 anderen Hunden, die frei laufend Spaß haben und miteinander spielen.

Hüpfburgen: allgegenwärtig. Der schönste gefundene Platz für eine solche waren die Katakomben vom Fort Kijkduin. Selbst irgendwo in der hintersten Ecke des Museumskellers hätte man burghüpfen können, wenn man gewollt hätte ...

Der Autoverkehr in Holland ist Gewöhnungssache. In den Städten wird es manchmal arg kleinteilig. Dafür fordern an den Ausfallstraßen z.T. zweispurige Kreisverkehre mit umgebenden, ebenfalls zweispurigen Radwegen – welche oft auch noch bevorfahrtet und in beide Richtungen befahren sind – einiges an Nerven und Konzentration. Die Autobahnen sind mit 120 und vereinzelt 130 km/h Maximalgeschwindigkeit recht entspannend, die Landstraßen überwiegend schmal, aber machbar. Wo kein Mittelstreifen, da nur 60 km/h maximal – wobei diese in einigen Kurven Aberwitz wären. Und ja: Wenn man in den Niederlanden Urlaub macht, sollte man auch mal das Fahrrad nutzen, denn das Radwegenetz ist legendär, und die einheimischen Autofahrer passen auf.

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Rechtliches

Andere Urlaubsberichte

Urlaubsberichte per Webseite sind mittlerweile eine liebgewonnene Tradition, deshalb sind im Internet außerdem von uns zu finden:


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